Dieser Artikel wurde ursprünglich in Vol. 4 Nr. 4 der Printausgabe von Hungarian Consevative veröffentlicht.
Einleitung
Die vielfältigen und schnell aufeinander folgenden globalen Krisen sind nicht nur eine ernsthafte Bedrohung für den Zusammenhalt Europas, sondern auch die Grundlage einer gefährlichen und abzulehnenden weltweiten Blockbildung. Eine multipolare Welt mit einer weiteren Schwächung der Vereinigten Staaten ist zu beobachten. Dies stellt insbesondere für die bürgerlichen Parteien eine enorme Herausforderung dar, denn sie sichern durch eine tief verwurzelte Politik in der Mitte der Gesellschaft in vielen Ländern die politische Stabilität. Eine Politik von Maß und Mitte basierend auf einer freiheitlich-demokratischen Werteordnung ist der Kompass für diese Parteien, auch wenn aufgrund unterschiedlicher nationaler Entwicklungen und Geschichte das Tempo und die Wege zum Ziel bisweilen voneinander abweichen.
Trotz aller unterschiedlichen – und sicherlich diskussionswürdigen – Vorgehensweisen und Prioritäten in einzelnen Politikbereichen, stimmen die grundsätzlichen Vorstellungen der bürgerlichen Parteien in Deutschland und Ungarn in ihrer Zielsetzung weitgehend überein. Dennoch wird in den deutschen medialen wie politischen Debatten die selbstbestimmte Politikgestaltung in Ungarn oft einseitig thematisiert und vor allem das potenziell Trennende betont, wohingegen ein Blick auf die ungarischen Entwürfe lohnenswert sein kann. Diese Situation hat dazu geführt, dass das gegenseitige Vertrauen verloren gegangen ist und in der öffentlichen Debatte oft die Unschuldsvermutung durch besserwisserische und moralisierende Vorurteile ersetzt wurde. Der Raum für den bilateralen offenen und konstruktiven politischen Dialog wurde und wird zunehmend kleiner, doch besteht ein großer Bedarf an gemeinsamen Initiativen.
Die bürgerliche Mitte der Gesellschaft steht in beiden Ländern mit dem Blick in die Zukunft vor den gleichen Herausforderungen. In Deutschland wie auch in Ungarn wollen die Menschen durch Arbeit und Leistung bleibende Werte und Eigentum schaffen, in Frieden, Wohlstand und Sicherheit leben. Gemeinsames Ziel ist es vor allem, unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft in einem friedlichen und geeinten Europa zu ermöglichen.
Im Folgenden sollen anhand einiger exemplarisch ausgewählter Politikbereiche Ansätze bürgerlicher Grundüberzeugungen in beiden Ländern kurz aufgezeigt werden. Sie können Grundlage eines verstärkten Dialogs mit sachnahen Argumenten bilden.
1. Gottesbezug
Der deutschen wie auch der ungarischen bürgerlichen Politik ist der Bezug zur Schöpfung und den Werten der Aufklärung besonders wichtig. Das christliche Verständnis vom Menschen ist die ethische Grundlage für verantwortliche Politik. Alles menschliche Handeln steht unter der Leitidee der Verantwortung vor Gott. Aus diesem Grund ist eine verantwortliche Politik für einen Christen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten nicht unbegrenzt, d.h. nie ohne religiöse Bindung. Eine Politik aus christlicher Verantwortung lässt den Menschen Freiraum zur Eigenverantwortung und Selbstverwirklichung, die nie um ihrer selbst willen geschieht, sondern immer in Verantwortung vor Gott und seiner Schöpfung. Glaube bewahrt auch vor ideologischer Verblendung und Absolutheitsansprüchen. In Deutschland wie in Ungarn ist der Gottesbezug verfassungspolitisches Prinzip und Grundlage menschlichen wie staatlichen Handelns. Dabei beruhen beide Gesellschaften auf dem jüdisch-christlichen Menschenbild, der abendländischen Werteordnung und den Ideen der Aufklärung. Diese Fundamente zu schützen und auch an nachfolgende Generationen weiterzugeben, ist Grundlage bürgerlicher Politikgestaltung in beiden Ländern und auch eine nicht zu vernachlässigende Aufgabe auf der Ebene der Europäischen Union.
2. Heimat und Nation
Entgegen weitverbreiteten Tendenzen zur Zentralisierung in ganz Europa, verteidigen Christdemokraten, Konservative und Liberale in beiden Ländern den klassischen Zweisatz aus Heimat und Nation. Sie setzen sich ein für die Bewahrung ihrer überlieferten Traditionen, ihrer natürlichen Gemeinschaften, ihres heimischen Lebensumfelds und das Recht, diese auch in den Zeiten der Globalisierung beibehalten zu können. Sie sind erfahren im europäischen wie globalen Austausch, doch erhalten sie bewusst Grundsatz und Richtschnur ihrer heimischen Gemeinschaften. Dabei spielen das vertraute nähere Lebensumfeld wie die unverzichtbare Ebene der politischen Nation eine wichtige Rolle. Der Mensch lebt in engeren und loseren Bindungen mit anderen – Familie, Dorfgemeinschaft, Vereine, soziales wie berufliches Umfeld, Region, Land, Vaterland, Nation. Diese natürlichen Gemeinschaften sind im Leben der Menschen zentrale Bezugsgrößen – sie zu bewahren ist Aufgabe und Verpflichtung bürgerlicher Politik. Versuche, durch die Große Transformation neue Menschen und neue Gesellschaften zu erschaffen (wie damals im Kommunismus) lehnen die Bürgerlichen in beiden Ländern entschieden ab.
3. Europa
Laut dem Grundsatzprogramm der CDU sind die Nationalstaaten und die Identität ihrer Völker prägende Bestandteile eines Europas der Einheit in Vielfalt. Das mit starker Unterstützung der deutschen Christdemokraten errichtete Einheitswerk in Europa bleibt aber ohne einen erkennbaren Beitrag der Länder Mittel- und Osteuropas nur ein Torso. Die Erkenntnisse und Beiträge dieser Länder werden gebraucht, um die Einheit Europas zu vollenden. Ihre Diktaturerfahrung, ihre andersgelagerten geschichtlichen, politischen und persönlichen Erlebnisse prädestinieren Europa gerade dazu, aus seiner lebendigen Mitte heraus neu gedacht zu werden. Die bürgerlichen Kräfte in Deutschland haben es immer verstanden, als Stimme und Anwälte Mittel- und Osteuropas aufzutreten. In diesem Kontext ist die Rolle von Persönlichkeiten wie Otto von Habsburg, Helmut Kohl oder Hans-Gert Pöttering unvergessen. Die ungarischen Bürgerlichen glauben fest an ein in Vielfalt vereintes Europa. Sie wollen gemeinsam mit den mitteleuropäischen Partnern den europäischen Erneuerungsprozess aktiv mitgestalten und ihre Vorstellungen einbringen. Weitere Kompetenzverlagerungen nach Brüssel sollten sich lediglich auf das Projekt einer gemeinsamen Verteidigungspolitik inklusive eines effektiven Schutzes der Außengrenzen beziehen. Die notwendige Erneuerung der Europäischen Union kann es nur mit den Mittel- und Osteuropäischen Staaten geben, sie sind Impulsgeber, insbesondere in den Bereichen Subsidiarität und Souveränität eine wichtige Stimme darstellen.
4. Gesellschaftspolitik
In beiden Gesellschaften befinden sich die Menschen in traditionellen Familienmodellen in der überwiegenden Mehrheit. Die innere Liberalität und Verfasstheit ihrer Länder erlaubt es den Bürgern aber auch, ein Dasein nach anderen Lebensentwürfen zu führen. In Ungarn regelt das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft einen solchen Wunsch, in Deutschland die Ehe für alle. Die bürgerlichen Kräfte in beiden Ländern sind sich darüber einig, dass die Minderheitengruppen jedoch nicht die Kernessenzen der Politikgestaltung dominieren sollten. Der Mensch selbst steht als mündiger in der Verantwortung im Sinne der Eigenverantwortung. Viele Forderungen der Identitätspolitik, des Genderismus, der Woke-Bewegung sowie auch neuerer Bewegungen wie der Cancel Culture lehnen beide politischen Bewegungen entschieden als Bedrohung der individuellen Freiheit entschieden ab. Sie wehren sich auch gegen die Einengung der Debattenräume, gegen Kontaktschuld und Bedrohungen der Wissenschaftsfreiheit, die zunehmend von linken und grünen Ideologen vorangetrieben werden. Insbesondere in Deutschland und anderen Ländern westeuropäischer Provenienz ist die Phänomen zu beobachten, wenngleich die ideologische Fundierung aus den Vereinigten Staaten kommt.
5. Zuwanderung
Die bürgerliche Mitte in beiden Ländern respektiert das Recht auf Asyl im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, lehnt aber die ungeordnete Zuwanderung und eine Politik der offenen Grenzen ab. In Deutschland wird darüberhinaus zunehmend Kritik an den Folgen der „Willkommenskultur“ geäußert und der Ruf nach nachhaltigen und gesellschaftlich akzeptablen Regelungen wird laut: Schutz der Außengrenzen, Begrenzung der Migration und eine im Innern wirkende Leitkultur. Die Menschen wollen mehrheitlich, dass ihre bewährten Lebensgrundlagen und das natürliche Umfeld möglichst erhalten werden können. Anders als Vertreter der linken Parteien gehen die Bürgerlichen davon aus, dass nur die geregelte Zuwanderung für die Gesellschaft ein Zugewinn ist. In den Bereichen der legalen und geregelten Arbeitsmigration und der Anwerbung Hochqualifizierter sind sie sich dabei einig, dass diese einen wichtigen gesellschaftlichen Mehrwert darstellen. Die negativen Folgen der europäischen Flüchtlings- und Migrationskrise seit 2015 in den Bereichen innere Sicherheit, Wohnungswesen, soziale Sicherheit, Bildung und Arbeitsmarkt stellen sich in Deutschland anders als in Ungarn dar und machen ein unterschiedliches Vorgehen und Abwägung der Maßnahmen notwendig. Darüber hinaus müssen die unterschiedlichen geschichtlichen Erfahrungen, die gesellschaftliche Realität, die Folgen des Ukraine-Krieges und die wirtschaftlichen Möglichkeiten in beiden Ländern auf dem gemeinsamen Weg zu einer Reform der europäischen Flüchtlingspolitik stärker respektiert und berücksichtigt werden.
6. Innere Sicherheit
Ein arbeitsfähiger Staat, der seine Bewohner schützt, die Grundlagen friedlichen Miteinanders gewährleistet und sicherstellt, dass Menschen gut und sicher leben können, gilt als einvernehmliches Idealbild bürgerlicher Politikvorstellungen in Deutschland wie auch in Ungarn. Seit 2010 hat Ungarn die innere Sicherheit durch eine Begrenzung der Zuwanderung, den Abbau gesellschaftlicher Disparitäten und den damit verbundenen Abbau von sozialen Spannungen sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen wesentlich verbessert. Insbesondere der Rückgang von prekären Wohn-, Ausbildungs- und Einkommensverhältnissen war der Garant für das massive Zurückgehen von Kriminalität und subjektivem Unsicherheitsgefühl. Der Staat setzte zudem mit den Mitteln des Strafrechts wirkungsvolle Abschreckungsmerkmale, die Ausstattung der Polizei wurde gestärkt. Auch in Deutschland spricht sich die bürgerliche Mitte immer stärker für ein konsequenteres polizeiliches Vorgehen gegen Kriminalität und eine wirkungsvollere Durchsetzung von Recht und Ordnung aus. Der wirksame Schutz der Außengrenzen ist Voraussetzung für die Freiheit und Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union und garantiert ein selbstbestimmtes, freiheitliches und erfülltes Leben der Europäer. Innere Sicherheit kann es nur mit einer entschlossenen Abschreckungspolitik nach Innen und Außen geben.
7. Arbeitsmarktpolitik
Solidarität im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe und die Befähigung sozial benachteiligter Schichten zur gesellschaftlichen Teilhabe sind ein Merkmal bürgerlicher Politik. Darüber hinaus sollte es breiten Bevölkerungsschichten ermöglicht werden, am Erwerbsleben teilhaben zu können. Aufgabe des Staates ist es, Anreize für Arbeit und Beschäftigung zu setzen und für Chancengleichheit zu sorgen. Diesbezüglich waren die jüngsten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Ungarn sehr erfolgreich, weil viele Menschen eben keine Almosen der Sozialfürsorge wollen, sondern Anerkennung durch Arbeit und einen sinnvollen Beitrag zum Allgemeinwohl. „Sozial ist was Arbeit schafft“, so der alte Slogan der Union. Dabei gilt es, Lohnnebenkosten zu senken und das Arbeiten attraktiver zu machen – finanziell, aber auch mentalitätsmäßig. In Ungarn sind in 14 Jahren bürgerlicher Politik mehr als eine Million neuer Arbeitsplätze entstanden, die Beschäftigtenquote erreicht neue Höchststände. Die Menschen wollen arbeiten und dürfen hierfür keine Hürden, sondern Anreize vorfinden. Dieser Erfolg kann auch als Grundlage einer Neubelebung des Rezeptes der Sozialen Marktwirtschaft dienen. Das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft wurde von den mittel- und osteuropäischen Reformländern umfassend verstanden, implementiert und weitergeführt. Insbesondere in Deutschland tut eine Rückbesinnung auf diese Ordnungsprinzipien dringend not.
8. Familienpolitik
Die traditionelle Familie von Mann, Frau und Kind stellt die Keimzelle der Gesellschaft dar. Die bürgerlichen Parteien in beiden Ländern stellen hinsichtlich ihrer Familienpolitik die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Unterstützung junger Familien und vor allem junger Mütter in den Mittelpunkt ihre Programmatik. Dabei geht es vor allem darum, wie Familien entlastet werden und Wohneigentum erwerben können. Ferner sollen Arbeitgeber finanziell entlastet werden, die rückkehrende junge Mütter einstellen. In Ungarn wurde durch diese erfolgreiche bürgerliche Politik die Geburtenrate von 1,23 auf 1,59 gesteigert. Ferner werden Frauen finanziell bessergestellt, wenn sie Kinder bekommen. Dabei gilt: Jede Frau kann selbst bestimmen, ob sie in das Berufsleben zurückkehrt oder die Kinder betreut. Eine Rückkehr in den Beruf muss sich lohnen und gerade junge Leistungsträgerinnen sollen gefördert und zusätzlich unterstützt werden, denn die Kinderzahl ist z.B. gerade bei Akademikerinnen äußerst niedrig – in Deutschland wie in Ungarn. Dabei ist die Zahl der Kindertagesbetreuungseinrichtungen zu steigern. In Ungarn wird der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung vollständig umsetzt, Kinderkrippen nehmen Kinder ab der 24. Lebenswoche auf und all dies zu symbolischen Preisen.
9. Wirtschaftspolitik
Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Wirtschaftsstrategie ist eine nachhaltige Beschäftigungspolitik. Dabei ist es erklärtes Ziel bürgerlicher Politik, möglichst alle in Lohn und Brot zu bringen und den Leitgedanken von Ludwig Erhard „Wohlstand für alle“ zu verwirklichen. Eine niedrige Steuer- und Abgabenlast ist ein Kennzeichen bürgerlicher Politikauffassungen. Entsprechend dem Leitsatz „Arbeit muss sich lohnen“ müssen die Steuern auf Arbeitseinkommen sozialverträglich und finanziell attraktiv gestaltet werden. Durch eine anhand dieser Prinzipien reformierte Arbeitsmarktpolitik konnten in Ungarn in den letzten zehn Jahren mehr als eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Rekordzahl von 4,7 Millionen Beschäftigten bedeutet auch für die Steuereinnahmen neue Höchststände. In Ungarn gilt für alle ohne Ausnahme ein einstufiger Steuertarif von 15%. Abschreibungsmöglichkeiten wurden gestrichen und das Steuersystem anwenderfreundlich vereinfacht. Die Finanzämter erstellen bis Mitte März für jeden steuerpflichtig Beschäftigten digital die Steuererklärung. Der Betroffene muss nur noch mit einem Mausklick zustimmen. Die von Friedrich Merz formulierte Idee der Steuererklärung auf dem Bierdeckel wurde so in die Tat umgesetzt. Der niedrige Steuersatz, die Digitalisierung im Wirtschaftsleben, die Einführung der elektronischen Kassen, verpflichtende elektronische Bezahlmöglichkeiten sowie das Instrument der unentgeltlichen Sofortüberweisung haben die Schattenwirtschaft massiv und nachhaltig zurückgedrängt.
10. Digitalisierung, Infrastruktur und Energie
Bürgerliche Politik will die volle digitale Teilhabe des Staatsbürgers ermöglichen und deswegen insbesondere die Hürden für Wirtschaft und Verbraucher senken. Der flächendeckende Ausbau von 5G, die digitale Unterschrift und kostenfreie Leistungen des e-government für fast alle öffentlichen Leistungen geht einher mit einer steten Verbesserung des Breitbandnetzes in Verwaltung und Bildungswesen. Die elektronische Patientenakte und der elektronische Laufweg für Verwaltungsangelegenheiten machen den Behördengang weitgehend überflüssig. Unnötige Bürokratiehemmnisse abbauen, die Menschen zu mündigen und verantwortungsvollen Staatsbürgern zu machen und den Staat als Dienstleister zu etablieren, ist eine entscheidende Wegmarke bürgerlicher Politikgestaltung.
Die Verkehrsinfrastruktur muss nachhaltige Mobilität ermöglichen, unabhängig von der Art des gewählten Verkehrsmittels. Freiheit ist auch die Freiheit zum Individualverkehr. Dabei soll keine ideologische Verkehrspolitik, sondern ein ausgewogenes und ergänzendes Miteinander aller Fortbewegungsmittel verwirklicht werden. Der Autobahnausbau und die gleichwertige Förderung von Straße und Schiene ist auch in Deutschland eine wichtige Forderung der bürgerlichen Parteien. Statt Verboten müssen aber mehr Anreize für die Nutzung von öffentlichem Personennah- und Fernverkehr gesetzt werden. In Ungarn geschieht dies durch ein innovatives Rabattsystem und einer lebenslänglich kostenfreien Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel durch Senioren ab dem Alter von 65 Lebensjahren.
In Fragen der Energiepolitik gilt es, einen Energiemix aus erneuerbaren Energieträgern sowie der Kernkraft hinzubekommen. Nur auf Erneuerbare zu setzen oder gar die Kohleverbrennung zu forcieren, steht den Klimazielen diametral entgegen. Atomkraft ist grün, sauber und nachhaltig und kann uns langfristig volle Versorgungssicherheit bei völliger Unabhängigkeit von Importen und fossilen Brennstoffen garantieren. Auch dank dem intensiven Ausbau der Solarenergie und der verstärkten Nutzung der Atomkraft ist Ungarn auf einem guten Wege zur Klimaneutralität und zu bezahlbaren Energiepreisen.
11. Minderheitenrechte
Die spezifischen Interessen von Minderheiten müssen respektiert und rechtlich geschützt werden. Dies gilt besonders für vulnerable Gruppen. Jedoch darf sich der Schutz der Minderheiten nicht in das Gegenteil verkehren. Eine Minderheit darf der Mehrheit nicht eine Lebenseinstellung vorschreiben, denn ein solches Vorgehen endet in der Etablierung einer neuen Ständegesellschaft, in der nur noch Partikularinteressen und Partikulargruppen Gehör finden. Eine freiheitlich verfasste Gesellschaft orientiert sich an der gesellschaftlichen Beitragsfähigkeit des Individuums und an einer fortschrittlichen Entwicklung durch Leistung und Arbeit.
In einem Europa der Vielfalt kommt den sprachlichen und ethnischen Gemeinschaften als größte Minderheitengruppen eine herausragende Bedeutung zu. Dies trifft insbesondere für die deutschen Landsmannschaften in Mittel- und Osteuropa zu. Minderheiten bestimmen sich aufgrund von nationaler Zugehörigkeit und sind in ihren Bestimmungsmerkmalen wie Kultur, Tradition, Glaube und Zusammenhalt stark ausgeprägt mit einer festen Bindung zum Mutterland. Eine bürgerliche Politik fördert die Interessen autochthoner Gruppen. Die ungarische Minderheitenpolitik mit weitgehenden Mitbestimmungsrechten, sprachlicher wie kultureller Autonomie, politischer Repräsentanz und einer Vielzahl an finanziellen Möglichkeiten für autochthone Volksgruppen wird international als ein sehr erfolgreiches Beispiel anerkannt.
12. Hilfe verfolgter Christen
Der Schutz und die Unterstützung religiöser Minderheiten sind in Deutschland und Ungarn vor allem für bürgerliche Kreise ein wichtiger politischer Auftrag. Christen sind weltweit die am meisten bedrohte, verfolgte und drangsalierte religiöse Minderheit - insbesondere in muslimisch geprägten Ländern und in Subsahara-Afrika. Vor diesem Hintergrund hat die ungarische Regierung in den letzten zehn Jahren mit „Hungary Helps“ einen humanitären und entwicklungspolitischen Ansatz initiiert, der sich zwar primär an Christen in Not richtet, aber auch andere Volksgruppen an den positiven Wirkungen teilhaben lässt. So werden darüber hinaus auch der interreligiöse Dialog, Verständigung und Aussöhnung unterstützt. Mit dem staatlichen „Stipendium Hungaricum“ werden junge Menschen aus Nahost gefördert, vor allem junge Christen, aber auch aufgeklärte Muslime und Menschen anderer Religionszugehörigkeit. In Deutschland hat insbesondere die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Frage der verfolgten Christen nachhaltig thematisiert und international auf die Tagesordnung gesetzt. Beide Länder können ihre Erfahrungen wirksam auf die europäische Ebene heben und für einen gesamteuropäischen Ansatz in dieser relevanten globalen Frage entwickeln, die bedauernswerterweise bisher in der breiten europäischen Öffentlichkeit und in der internationalen Politik unterbelichtet geblieben ist.